In diesem zweiten Teil der Serie geht es um technische Grundlagen für den Umbau einer vorhandenen AGM-Batteriebank auf LFP-Lithium-Ionen-Batterien.
Im ersten Teil der Serie wurde eine Entscheidung getroffen, welche Lithium-Ionen Technologie zukünftig auf der INFINITY eingesetzt werden soll (siehe Teil 1).
Im Teil 3 geht es um die technischen Details und die praktische Umsetzung des durchgeführten Umbaus der Segelyacht INFINITY auf Lithium Batterien.
Wie viel Batteriekapazität wird benötigt?
Mit der Batteriekapazität der seitherigen AGM-Batteriebank (siehe auch Energiekonzept der INFINITY) bin ich sehr gut klar gekommen. Es waren 520Ah bei 24 Volt installiert. Da man Blei Batterien nur zu 50% entladen soll, standen mir 260Ah bei 24 Volt zur Verfügung. Laut Batteriemonitor war das auch die maximalste Entladetiefe, die ich der Bank jemals entnommen hatte.
Lithium-Batterien kann man ohne Schaden ganz leer machen, bis das BMS (Batterie Management System) abschaltet. Jedoch muss man sich darüber im Klaren sein, dass dann plötzlich von jetzt aus nachher alles abgeschaltet ist (Blackout). Das bedeutet es funktioniert kein Autopilot, kein AIS, kein Funk und auch keine Navigation mehr. Auf die Lösung dieses Problems gehe ich in Teil 3 ein.
Für die Auslegung der LFP-Batterie bedeutet das: Ich benötige bei 24 Volt 260Ah plus etwas Reserve (10-20Ah), um eine gleichwertige Batteriekapazität wie seither zu haben.
Das Batterie Management System (BMS)
Lithium-Batterien reagieren sehr empfindlich auf einen Betrieb außerhalb ihrer durch den Hersteller vorgegebenen Betriebsparameter. Für die Einhaltung dieser Parameter ist das Batterie-Management-System (BMS) zuständig:
- Verhindert eine Tiefentladung und damit die Zerstörung der Batterie
- Verhindert die Überladung und damit die Zerstörung der Batterie
- Überwacht die Temperatur in jeder Zelle und steuert bei Problemen Gegenmaßnahmen
- Wenn die Zellen zu heiß werden muss der Lade- bzw. Entladestrom reduziert werden.
- Wenn die Temperatur unter 0°C fällt darf die Batterie nicht mehr geladen werden. (Wie ich auf der INFINITY mit diesem Problem umgehe, kann man im Teil 3 nachlesen)
- Balancing der Zellen. Die einzelnen Zellen müssen exakt gleich geladen werden. Wenn Unterschiede bestehen werden diese vom BMS ausgeglichen.
- Verhindert einen zu hohen Ladestrom
- Verhindert einen zu hohen Entladetrom
Es gibt unterschiedliche Ladekonzepte für Lithium-Batterien.
Es stellt sich nun die Frage, wie läuft das Zusammenspiel von Lithium-Batterie, BMS und Verbrauchern. Dafür gibt es unterschiedliche Konzepte.
Dropin-Lithium-Batterien
Die einfachste Möglichkeit auf Lithium umzusteigen geht über sogenannte Dropin-Lithium-Batterien. Hierbei handelt es sich um Batterien mit integriertem BMS, die laut Herstellerangaben 1:1 gegen Bleibatterien ausgetauscht werden können. Das BMS trennt einfach über ein internes Relay die Batterie vom Stromkreis im Falle einer Tiefenentladung bzw. Überladung, oder bei zu niedriger/hoher Temperatur.
Vorteile:
- Relativ überschaubarer Installationsaufwand
Nachteile:
- Dropin-Lithium-Batterien sind im Allgemeinen nicht Hochstrom fähig
- Das Ladegerät muss in der Lage sein auch ohne Batterie eine saubere Gleichspannung zu liefern.
Lithium-Batterie, externes BMS, Ladegerät
Hier wird ein externes BMS mit einer Lithium-Batterie verbunden. Das BMS steuert über zwei Steuerausgänge den Lade- bzw. Entladeprozess. Das BMS trennt bei vollen Batterien das Ladegerät einfachvom Stromkreis (über die Steuerleitung Charge Disconnect mit einem externen Relay), oder schaltet es aus (wenn das Ladegerät mit dem Steuersignal umgehen kann). Wenn die Batterie leer ist, werden die Verbraucher über ein externes Relay von der Batterie getrennt (über die Steuerleitung Load Disconnect mit einem externen Relay).
Vorteile:
- Die Batterien sind meist hochstromfähig und können dauerhaft mit 1C (kurzzeitig 2C) ent- und geladen werden.
Nachteile:
- Der Aufwand für den Umbau ist höher.
- BMS und Batterie müssen auf einander abgestimmt sein.
- Sobald die Batterie voll ist und das Ladegerät abgeschaltet ist, wird Energie aus der Batterie entnommen. Wenn das BMS das Ladegerät wieder einschaltet wird sie wieder geladen. Dadurch werden bei Landstrom die Verbraucher nur dann über das Ladegerät versorgt, solange die Batterie nicht ganz voll ist.
Digitale Steuerung der Ladung durch die Batterie (DVCC)
Bei diesem Ladekonzept steuert das BMS der Batterie digital über das DVCC-Protokoll den Ladeprozess. Das BMS und das Ladegeräte müssen DVCC fähig sein. Alle Kennlinien im Ladegerät werden bei DVCC ausgeschaltet und die Batterie informiert das Ladegerät permanent darüber, wie viel Ladestrom sie aktuell verträgt. Wenn die Batterie voll ist wird der Ladestrom auf 0A eingestellt. Wenn jetzt ein Verbraucher eingeschaltet wird, liefert das Ladegerät exakt die dafür benötigte Energie. Es hält den Ladestrom aber gleichzeitig auf 0A. Das funktioniert sogar dann, wenn zum Beispiel zusätzlich ein DVCC fähiger Solarladeregler im System vorhanden ist. Wobei der Solarladeregler dann vorrangig zur Energieversorgung hergezogen wird.
Vorteile:
- Mit DVCC wird die Batterie nicht entladen, solange eine andere Energiequelle (Landstrom, Solar, Generator) für die Versorgung der Verbraucher zur Verfügung steht.
- Die Batterien sind meist hochstromfähig und können dauerhaft mit 1C (kurzzeitig 2C) ent- und geladen werden.
- Technisch die eleganteste Lösung um Lithium Batterien zu laden.
Nachteile:
- Relativ komplexer Aufbau mit hohem Konfigurationsaufwand
- Ladegerät und BMS müssen DVCC fähig sein
- Eventuell ist zusätzliche Hardware nötig (Gateway)
Im Teil 3 dieser Serie geht es um die technischen Details des durchgeführten Umbaus der INFINITY auf eine Lithium Batterie.
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