Schwierige Eisbedingungen bei 83° 43’N – FS Polarstern nimmt das polare Forschungs-Hovercraft RH Sabvabaa Huckepack
(Dies ist ein Gastbeitrag unserer Fahrtenleiterin Prof. Dr. Antje Boetius im Gespräch mit Yngve Kristoffersen, Professor, Nansen Environmental and Remote Sensing Center)
Yngve Kristoffersen beim festmachen der Gurte – das Hovercraft wird mit dem Kran der Polarstern auf das Helideck gehievt |
Nach Beendigung unserer Stationsarbeiten bei 84°N und 18°O am Ende des 29.09. sollten wir uns eigentlich auf dem Heimweg nach Bremerhaven machen. Doch es hat uns eine Bitte des Polarforschers Yngve Kristoffersen erreicht, der zeitgleich westlich von uns auf Forschungsexpedition mit dem Luftkissenboot RH Sabvabaa war, ihm Hilfe bei der Rückkehr nach Spitzbergen zu leisten. Im Juli standen wir zuletzt mit ihm in Kontakt, um uns gegenseitig über unsere Routen zu informieren. Neben der FS Polarstern waren in diesem Sommer noch die Eisbrecher Oden (Schweden), Healy (USA) und der chinesische Eisbrecher Xuelong unterwegs. Und eben auch Yngve Kristoffersen auf Sabvabaa im Rahmen der Mission FRAM 2012. Fram ist norwegisch und heißt “Hoffnung” – Sabvabaa, der Name des Hovercraft, ist dagegen Inuit und bedeutet „sanft fließen“.
Angesichts des schnellen Wandels in der Arktis, der Ferne und Unzugänglichkeit der Region sowie den technischen und logistischen Schwierigkeiten, im Eis zu arbeiten, fehlt es an allen Ecken und Enden an Beobachtungen und Messungen aus diesem Ozean. Er ist einer der letzten weißen Flecken auf der Landkarte der Erde. Daher probiert Yngve Kristoffersen zusammen mit anderen Forschern seit einigen Jahren ein neues Konzept aus – Luftkissenboote als Forschungsplattformen in der Arktis. Das polare Forschungs-Hovercraft Sabvabaa (www.polarhovercraft.no) wird zumeist von Spitzbergen aus eingesetzt, um in einem Radius von 100 Meilen geologische, geophysikalische und ozeanographische Forschung zu betreiben. Das Luftkissenboot ist 11 m lang, kann über Eis und Wasser fahren, ist mit Winden und verschiedenen Instrumenten ausgestattet und kann bis zu drei Personen mitnehmen. Es wird derzeit genutzt, um entweder direkt von Spitzbergen aus, oder durch Absetzen von Frachtschiffen aus, verschiedene vorwiegend geologische, geophysikalische und ozeanographische Untersuchungen zu ermöglichen.
Winde aus südlicher Richtung hatte im September die Eisdrift stark beeinflusst, so dass die vielen kleinen und großen Eisschollen stark zusammengedrückt wurden und jede Menge Pressrücken und Schutthaufen aus zerbröseltem einjährigen Eis entstanden. Durch den Druck aus Norden und Süden, und das gleichzeitige Überfrieren, war das Eis sehr dicht und es gab keine freien Wasseroberflächen mehr. Zudem war trotz der kalten Temperaturen die Sicht sehr schlecht: „White-out“ nennt man das Problem, wenn man keine Strukturen mehr in der Landschaft erkennen kann, und alles nur Weiß erscheint. Wir konnten daher zuletzt kaum noch die Hubschrauber einsetzen und sind auch mit Polarstern nur langsam vorangekommen. Für ein Luftkissenboot ist es dann aber ein erhebliches Problem, überhaupt Strecke zu machen. Die Sabvabaa sollte eigentlich wieder einen Frachter zur Aufnahme und Rücktransport nach Spitzbergen treffen, doch wegen des Wetters kam sie nicht voran und geriet bei 84°N in die Drift nach Westen, Richtung Grönland.
Yngve Kristoffersen mit seinem Hovercraft |
Glücklicherweise waren wir noch in der Gegend unterwegs, so dass wir kurz vor Mitternacht die Sabvabaa erreichen konnten und nach einigen Manövern durchs dichte Eis sie an ihren Leinen auf das Helikopter-Deck heben konnten. Alle an Bord warteten darauf Yngve zu begrüßen, denn er ist nun seit dem 17. Juli in Sachen Arktisforschung unterwegs gewesen – und die Bedingungen sind doch recht spartanisch auf seinem Boot, das wir alle gestern und heute besichtigen durften. Nun fährt die Sabvabaa Huckepack auf Polarstern bis nach Spitzbergen mit, wo wir sie vor dem Kongsfjord wieder absetzen.
Ich sitze bei Yngve Kristoffersen im Boot auf dem Helideck. Das Boot ähnelt von innen ein bisschen einem großen Wohnwagen, man kann sich sofort vorstellen, dass damit die Forschung im Eis noch ein bisschen „echtes“ Polarforschergefühl gibt, auch wenn viele moderne Instrumente zu sehen sind, und es auch Internet an Bord gibt. Wir unterhalten uns über seine Arbeit:
Wir brauchen bessere Proben des Meeresbodens um die Geschichte der Arktis zu verstehen. Es gab schon mal Warmzeiten, doch können wir immer noch nicht erklären, wie und wann das Meereisschild auf der Arktis entstanden, vergangen und zurückgekehrt ist. Das sind sehr wichtige Fragen, auch um Heute und die Zukunft zu verstehen, aber es fehlt einfach immer noch an guten Proben der Sedimentarchive.
Vor Spitzbergen setzen wir RH Sabvabaa ab und Yngve fährt alleine weiter nach Longyear byen |
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